Das große Missverständnis

Naby Keita hat sich beim SV Werder Bremen mit dem Eklat vor dem Leverkusen-Spiel ins Aus manövriert

Ausgabe vom 16.04.2024
Seite 10
Von Lars Reinefeld


Wollte sich in Leverkusen nicht auf die Bank setzen: Werders Naby Keita.Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Bremen. Naby Keita und Werder Bremen – dieser Transfer wird als eines der größten Missverständnisse in die grün-weiße Klub-Historie eingehen. Als der frühere Liverpool-Star im Sommer präsentiert wurde, löste die Verpflichtung an der Weser eine große Euphorie aus. Keitas Trikot war im Werder-Fanshop der absolute Renner. Ein Dreivierteljahr später ist davon rein gar nichts übrig geblieben. Vielmehr steht der filigrane Mittelfeldspieler nach dem Eklat von Leverkusen bei Werder vor dem Aus.

Der 29-Jährige hatte sich am Samstag geweigert, die Reise zum Auswärtsspiel nach Leverkusen mitzumachen. Im Abschlusstraining war deutlich geworden, dass Keita trotz der großen Bremer Personalsorgen erneut nicht in der Startelf stehen würde. Statt mit der Mannschaft ins Rheinland düste Keita beleidigt nach Hause – und damit in Bremen wohl endgültig ins Abseits.

„Die Aktion sagt alles, da muss ich nicht mehr viel zu sagen“, sagte Werder-Coach Ole Werner nach der Begegnung am Sonntag sichtlich sauer. „Da kann sich jeder sein Bild machen, meins habe ich mir gebildet. Natürlich ist das nichts, was mit Teamsport zu tun hat.“ Werner kündigte eine zeitnahe Erklärung des Klubs zu den Vorfällen an.

Eine Suspendierung von Keita gilt als wahrscheinlich. Am Montag war der frühere Leipziger vom obligatorischen Spielersatztraining freigestellt, es sollten Gespräche zwischen Keita und dessen Berateragentur einerseits sowie den Bremer Verantwortlichen andererseits geführt werden. Spätestens bis zum ersten offiziellen Training der Woche am Mittwoch soll eine Entscheidung über die Zukunft von Keita, der noch einen Vertrag bis Sommer 2026 besitzt, gefallen sein. Dass er am Sonntag im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart noch zum Bremer Kader gehört, ist nahezu ausgeschlossen.

„Wir werden morgen mit ihm und seinem Berater über die Konsequenzen und das weitere Vorgehen sprechen“, sagte Bremens Fußballchef Clemens Fritz bereits vor der Partie, in der sich Bayer 04 Leverkusen durch ein 5:0 den ersten Meistertitel der Klub-Geschichte sicherte.

Keitas Zeit in Bremen stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Bereits vor dem ersten Testspiel zog sich der Kapitän der Nationalmannschaft von Guinea eine Verletzung zu und kam fortan nicht mehr in Tritt. Wegen zahlreicher weiterer Verletzungen konnte Keita die Erwartungen nie erfüllen und kam nur auf fünf Einsätze in der Bundesliga.

Dabei war er 2018 noch für rund 60 Millionen Euro von RB Leipzig zum FC Liverpool gewechselt. Auch unter Trainer Jürgen Klopp konnte er sein Potenzial an der Anfield Road aber nur selten erfüllen. Immer wieder warfen ihn Verletzungen zurück. Die Bremer Verantwortlichen wussten also um das Risiko, dass sie im Sommer mit der Verpflichtung Keitas eingingen. Einen solch negativen Saisonverlauf hatten aber auch sie nicht erwartet.

Via Instagram äußerte sich Keita am Sonntag zu den Vorkommnissen. „Seit Beginn meiner Karriere hatte ich überall, wo ich war, nie Probleme mit der Disziplin und habe immer versucht, ein Vorbild zu sein. Ich werde daher nicht akzeptieren, dass jemand dieses Bild trübt“, schrieb Keita. Er habe immer „selbstlos und professionell“ gearbeitet.

Der Streik von Leverkusen lässt ihn aber in einem anderen Licht erscheinen. Auch seine Mitspieler waren von Keitas Aktion überrascht. „Ich habe es gar nicht so richtig mitbekommen. Gestern war er dann auf einmal weg, und seine Sachen lagen noch auf dem Platz“, berichtete Stürmer Marvin Ducksch. Ein Wiedersehen mit Keita wird es wohl eher nicht geben.