Prachtkäfer könnte zur Gefahr
für die Eichen im Solling werden

Situation im Forstamt Neuhaus ist noch nicht dramatisch – Forstamt Neuhaus fällt einzelne Bäume

Ausgabe vom 16.04.2024
Seite 14
Von Uwe Engelhardt


Forstamts-Chef Wolf Ebeling begutachtet einen Eichenstamm.Uwe Engelhardt

Kreis Holzminden. Der Alarm kam aus dem Süden Sachsen-Anhalts und Hessens, wo der Eichenprachtkäfer bereits für großflächiges Eichensterben gesorgt hat. Damit es im Solling gar nicht erst soweit kommt, haben die Fachleute aus dem Forstamt Neuhaus umgehend damit begonnen, ihre Eichenbestände auf Befallhinweise abzusuchen und einzelne Bäume zu fällen. „15 Prozent unserer Wälder bestehen aus Eichen, die Bäume haben eine große Bedeutung und sind prägend für den Solling“, sagt Forstamts-Chef Wolf Ebeling. Seine erste Bilanz nach ersten Fällungen: Der Prachtkäfer ist auch im Solling angekommen, aber die Situation ist noch nicht dramatisch.

Das Forstamt Neuhaus kümmert sich mit großem Einsatz um die alten Eichenbestände, denn „einfach wachsen lassen, das funktioniert nicht“, wie Wolf Ebeling erzählt. Schließlich habe die Eiche eine herausragende Bedeutung für den Naturschutz, denn an die Eiche sind mit Abstand die meisten Arten gebunden. Sie ist Lebensraum für Tiere, die nur an diesen Bäumen leben. Akribisch wurden und werden die Bestände abgesucht. Die Förster achten dabei auf schlechte Baumkronen, abgetrocknetes Laub, Specht-Abschläge und Schleimfluss. Erhärtet sich der Verdacht, dass der Prachtkäfer am Werk ist, rücken die Waldarbeiter mit ihren Motorsägen an und fällen den Baum. „Wir müssen die Käferpopulation unbedingt absenken, bevor er sich intensiv ausbreiten kann und am Ende der ganze Bestand abstirbt“, erklärt Ebeling.

Schäden bauen sich langsam und unauffällig auf

„Eine Prachtkäferpopulation ist zu expotenziellem Wachstum fähig. Die verursachten Schäden bauen sich zunächst eher unauffällig und langsam auf, dann zunehmend schneller und ausgeprägter“, erklärt Ebeling. Zudem beunruhigt ihn, dass sich die Vermehrungsrate der Käfer stark beschleunigt zu haben scheint. Normalerweise braucht ein Prachtkäfer zwei Jahre, um sich zu entwickeln. Durch die höheren Temperaturen in den letzten Jahren reicht häufig aber auch schon ein Jahr aus, bis die Käfer ausfliegen und sich reproduzieren.

Dabei schien sich für die Eichen eigentlich Besserung abzuzeichnen. Viele Bäume waren durch die lange Trockenheit bereits stark geschwächt und anfällig für den Käfer. Der an sich regenreiche Winter 22/23 und der zumindest ab Mitte Juli eher nasse Sommer brachten aber keine spürbare Besserung. „Wir gehen davon aus, dass sich die Larven aus den ab Mitte Mai auf der Rinde abgelegten Eiern der Prachtkäfer auch in bisher äußerlich unauffälligen Bäumen überwiegend erfolgreich einbohren und dann entwickeln können“, befürchtet Ebeling.

Sanitärhiebe zum Erhalt der gesunden Bäume

Zudem erklärt er, dass sogenannte Sanitärhiebe nicht der Holzernte für den Verkauf dienen, sondern dem Erhalt der gesunden Bäume und somit der Eichenbestände mit allen wichtigen Waldfunktionen dieser Baumart. Zudem gehe es um den Erhalt wichtiger naturschutzfachlicher Arten, wie beispielsweise dem Hirschkäfer, Mittelspecht und Fledermäusen. Der Ausschlupf fertiger Eichenprachtkäfer aus Eichenholz mit anschließender Neubesiedlung bisher unbefallener Bereiche findet ausgeprägt etwa von Anfang bis Mitte Mai statt. Danach schwächt sich weiterer Ausschlupf über die nächsten Wochen stark ab. Daher seien optimale Ergebnisse durch Fällung und Abfuhr des besetzten Holzes Ende April zu erreichen.